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Fraunhofer IOF · Neues Forschungsnetzwerk »Quantum Hub Thüringen« eröffnet

Sechs Millionen für Quantentechnologien im Freistaat: Neues Forschungsnetzwerk »Quantum Hub Thüringen« eröffnet

Prof. Sattler (links) und Prof. Rosenthal (rechts) nehmen von Minister Tiefensee den Förderbescheid über 6 Millionen Euro entgegen.
Thüringen will zum Hightech-Standort für Quantentechnologien werden. Zu diesem Zweck fördert der Freistaat mit sechs Millionen Euro ein neues Kompetenzzentrum für Quantentechnologien. Bei einer digitalen Eröffnungsveranstaltung gab Thüringens Wissenschaftsminister Wolfgang Tiefensee heute in Erfurt den Startschuss für den »Quantum Hub Thüringen«.

 

 

 

 

Quantentechnologien sind ein Schlüssel zur Zukunft: Mit ihnen werden Forschende hocheffiziente Technologien entwickeln, die die Leistungsfähigkeit konventioneller Systeme weit in den Schatten stellen. Durch die Kontrolle einzelner Quanten, also kleinster Licht- und Energiebausteine, werden disruptive Anwendungen zum Beispiel im Bereich der Datenverarbeitung (Quantencomputer), der Kommunikation (abhörsichere Kommunikation) sowie in der Analyse- und Messtechnik (Quantenabbildungen, Quantensensorik) ermöglicht.

In Thüringen werden bereits seit vielen Jahren immer wieder wesentliche Grundsteine für diese wegweisenden Innovationstechnologien gelegt. Um ihre Kompetenzen und ihr Know-how im Bereich Quantenforschung zu bündeln, haben sich nun elf Thüringer Forschungseinrichtungen zum »Quantum Hub Thüringen« zusammengeschlossen. Das Ziel: Durch die gezielte Ausrichtung wissenschaftlicher und wirtschaftlicher Exzellenz will Thüringen ein Hightech-Standort für Quantentechnologien und damit bedeutsamer Teil einer europäischen Quantenindustrie werden. Der Freistaat Thüringen fördert das neue Kompetenznetzwerk mit sechs Millionen Euro über eine Laufzeit von 32 Monaten.

Tiefensee: »Kein Weg mehr an Thüringen vorbei«

»Thüringen hat das Potenzial der Quantentechnologien früh erkannt und investiert seit mehreren Jahren strategisch in den Auf- und Ausbau seiner Kompetenzen«, sagte Wolfgang Tiefensee bei der virtuellen Eröffnungsfeier im Fraunhofer-Projektzentrum MEOS in Erfurt. Einschließlich schon laufender Projekte fließen bis Ende 2024 allein vom Land rund 35 Millionen Euro Förderung in die Quantenforschung. So wurden seit 2014 neun Forschergruppen in diesem Bereich unterstützt – darunter im Jahr 2017 das Innovationszentrum »InQuoSens« in Jena und Ilmenau sowie das Quantenapplikationslabor, das 2020 in Erfurt eröffnete. Hinzu kommen aktuell laufende Bundesprojekte im Umfang von rund 60 Millionen Euro.

»Mit dem ›Quantum Hub‹ gehen wir nun den nächsten wichtigen Schritt in Richtung eines national bedeutenden Standorts für die Quantenkommunikation«, so der Minister weiter: »Die sichere Quantenkommunikation ist ein Zukunftsthema, bei dem Thüringen mit seiner starken Photonik- und IT-Branche sowie den Forschungsgruppen an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und am Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF schon heute bundesweit eine führende Rolle einnimmt. Unser Anspruch ist es, dass bei diesem Thema in Zukunft kein Weg mehr an Thüringen vorbeiführt.« So werde sich der Freistaat auch stark machen für den langfristigen Aufbau eines sicheren bundesweiten Quantennetzes und hierzu erste Teststrecken zur Quantenkommunikation in der Region aufbauen.

Dazu ergänzt Prof. Dr. Andreas Tünnermann, Leiter des Fraunhofer IOF und Sprecher des »Quantum Hub Thüringen«: »Die Quantenkommunikation sichert zukünftig die Souveränität unserer Daten – ein zunehmend wichtiges Grundrecht unserer Bürgerinnen und Bürger in der digital vernetzten Welt. Thüringen ist aktuell bedeutender Vorreiter, Infrastrukturen zur Entwicklung und zum Test von quantenbasierten Technologien und Anwendungen in realen Kommunikationsnetzen aufzubauen und wird damit zukünftig eine zentrale Rolle in der Bundesrepublik sowie der Europäischen Union einnehmen.«

Zahlen und Fakten zum »Quantum Hub Thüringen«
Laufzeit:
  • 05/2021 – 12/2023
Volumen:
  • 6 Millionen Euro
Fördermittelgeber:
  • Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und digitale Gesellschaft
Beteiligte:
  • Friedrich-Schiller-Universität Jena (FSU)
  • Technische Universität Ilmenau; Helmholtz-Institut Jena (HIJ)
  • Leibniz-Institut für Photonische Technologien (IPHT), Jena
  • DLR-Institut für Datenwissenschaften, Jena
  • Fraunhofer-Institut für Digitale Medientechnologie (IDMT), Ilmenau
  • Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung, Institutsteil für Angewandte Systemtechnik (IOSB-AST), Ilmenau
  • Fraunhofer-Projektzentrum für Mikroelektronische und Optische Systeme für die Biomedizin Erfurt (MEOS) (Antragstellung über Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF, Jena)
  • IMMS Institut für Mikroelektronik- und Mechatronik-Systeme gemeinnützige GmbH (IMMS GmbH), Ilmenau
  • CiS Forschungsinstitut für Mikrosensorik GmbH, Erfurt

Fragen und Antworten zum »Quantum Hub Thüringen« (QHubTh)
Was sind Quanten?

Die Welt ist eine Quantenwelt. Soll heißen: Alles besteht aus Quanten, sofern wir uns nur hinreichend kleine Systeme anschauen. Denn Quanten sind die kleinsten und unteilbare Einheiten, die physikalische Wechselwirkungen hervorrufen. Indem sie ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten folgen, weisen Quanten Eigenschaften auf, die größere physikalische Systeme nicht haben. Eben diese besonderen Eigenschaften machen Forscherinnen und Forscher in verschiedensten Anwendungsfeldern nutzbar.

Was sind Quantentechnologien?

Ohne dass es uns oft bewusst ist, prägen Quantentechnologien bereits heute unseren Alltag. Die sogenannte »erste Quantenrevolution« brachte uns in den 1950er Jahren die physikalische Grundlage für den Laser. Dieser ist heute unabdingbar für die Herstellung von Mikrochips, die wiederum Grundlage der Digitalisierung sind. Unser modernes Leben ist ohne Quanten-Know-how damit kaum mehr vorstellbar.

Zurzeit erleben wir die »zweite Quantenrevolution«. Die hierbei entwickelten Technologien stehen kurz davor, die technologische Basis, auf der unsere Gesellschaft agiert, grundsätzlich zu verändern. In Abgrenzung von den bisherigen Errungenschaften der Quantenphysik, wie dem oben erwähnten Laser, versteht man unter Quantentechnologien der zweiten Generation all jene Technologien, welche die Eigenschaften individueller Quantenobjekte makroskopisch nutzen.

Durch die Kontrolle individueller Quantenobjekte werden disruptive Anwendungen im Bereich der Datenverarbeitung (Quantencomputer), der Kommunikation (beweisbar sichere Kommunikation) sowie in der Messtechnik (Quantenabbildungen, Quantensensorik) ermöglicht. Entscheiderinnen und Entscheider in Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft sprechen deshalb schon jetzt davon, dass die Technologien der zweiten Quantenrevolution wirtschaftliche und gesellschaftliche Konsequenzen haben wird, wie es sie in den letzten 100 Jahren nur durch die Einführung der Mikroelektronik gegeben hat.

Wo kommen Quantentechnologien zur Anwendung?

Viele Anwendungen der Quantentechnologien liegen am Beginn tiefgreifender Wertschöpfungsketten und berühren dynamische Innovationsgebiete mit großem Wachstumspotenzial. Von Quantencomputern werden u. a. Impulse in der Entwicklung neuer Materialien und chemischer Verbindungen erwartet. Damit können industrielle Produktion und Systeme neugestaltet werden. Auch ermöglichen die Rechner der nächsten Generation neue Medikamente. Mit ihrer Fähigkeit, komplexe Optimierungsaufgaben zu lösen, werden Quantencomputer außerdem in der Entwicklung künstlicher Intelligenz, bei der Verkehrsplanung oder im Bankenwesen als relevante Akteure auftreten. Sie können aber auch helfen, wichtige gesellschaftliche Fragen zu beantworten, zum Beispiel: Wie wird sich unsere Umwelt und unser Klima entwickeln und wie können wir dem drohenden Klimawandel entgegentreten?

Quantenkommunikationssysteme können indes dazu beitragen, Europa zum sicher-sten Datenraum der Welt zu machen, mit erheblichem Wachstumspotenzial in stetig steigenden digitalen Datenströmen mit immer sensibleren Informationen. Auch können sie genutzt werden, um die Navigation, den Handel und den Verkehr noch präziser zu machen.

Was ist der »Quantum Hub Thüringen« und was ist sein Ziel?

Der »Quantum Hub Thüringen« ist ein Forschungsnetzwerk, das das umfassende Quanten-Knowhow von elf Thüringer Forschungseinrichtungen bündeln und zur (Weiter‑)Entwicklung von Quantentechnologien im Freistaat nutzen will. Durch die gezielte Ausrichtung wissenschaftlicher und wirtschaftlicher Exzellenz will Thüringen ein Hightech-Standort für Quantentechnologien und damit bedeutsamer Teil einer europäischen Quantenindustrie werden.

Der »Quantum Hub Thüringen« soll den bevorstehenden technologischen Wandel in Folge der »zweiten Quantenrevolution« als Zukunftsperspektive gestalten. Er befördert seine Partner zur originären Forschung mit internationaler Sichtbarkeit und befähigt Unternehmen zu Innovationen in den Quantentechnologien.

Ziel des Hubs ist es, die Thüringer Industrie in die Lage zu versetzen, an Schlüsselstellen der quantentechnologischen Wertschöpfungsketten gestaltend mitzuwirken. Stärken der Industrie und Wissenschaft des Freistaats sollen nutzbar gemacht werden, um wichtige Beiträge zu einem globalen Transformationsprozess zu leisten.

Welche konkreten Quantentechnologien werden am »Quantum Hub Thüringen« erforscht?

Um seine Vision zu erfüllen, will der »Quantum Hub Thüringen« Innovationen in den folgenden drei Säulen der Quantentechnologien vorantreiben: QuantenkommunikationQuantensensorik und Quantenbildgebung. Diese Schwerpunkte haben in den vergangenen Jahren bereits eine besondere Dynamik in der Erforschung von Quantentechnologien erfahren. Durch die Entwicklung von Demonstratoren will der neu gegründete Hub konkrete Anwendungsperspektiven der Quantentechnologie aufzeigen und technologische Wertschöpfungsketten vertiefen.

Um die Potenziale dieser drei Säulen einer breiten Öffentlichkeit aus Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft zu demonstrieren, sollen am Hub Demonstratoren entstehen. Die am »Quantum Hub Thüringen« entwickelten Demonstratoren sollen dabei Leuchtturmcharakter haben. Das heißt: Sie sollen zum einen den Mehrwert technologischer Innovationen in den Quantentechnologie demonstrieren. Zum anderen sollen sie Durchbruchscharakter besitzen und es den Partnern des Hubs damit ermöglichen, neue Forschungs- und Anwendungsfelder zu erschließen.

 

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